St. Martin
St. Martin ist eine katholische Pfarrkirche in Friesheim. Die zentral im Ort gelegene Kirche wurde nach dem Abbruch des gotischen Vorgängerbaus als dreischiffige, neugotische Backsteinbasilika mit vorgesetztem Westturm von 1877 bis 1878 nach einem Entwurf des Kölner Architekten August Carl Lange errichtet.
Geschichte[Bearbeiten]
Die Vorgängerin der Friesheimer Kirche, die schon 1308 im Liber valoris, einem Steuerverzeichnis der Kölner Erzbischöfe, erwähnt wird, war im Laufe der Jahrhunderte für die gewachsene Pfarrgemeinde zu klein geworden. Als sie um die Mitte des 19. Jahrhunderts einzustürzen drohte, entschloss sich die Gemeinde zu einem Neubau. Rund 700.000 Feldbrandziegel wurden gebrannt und durch Hand- und Spanndienste der Gemeindemitglieder zur Baustelle befördert. Unter der Bauleitung des Architekten August Carl Lange wurde 1877 der Grundstein zur neuen Kirche gelegt, die ab Ende des Jahres 1878 für den Gottesdienst genutzt werden konnte. In den folgenden Jahren erhielt die Kirche eine neugotische Inneneinrichtung.
Beschreibung[Bearbeiten]
Der in Ziegelmauerwerk errichtete Bau ist vertikal durch zweifach abgesetzte Strebepfeiler gegliedert, horizontal durch ein Sockel- und ein Kaffgesims. An der Westseite der Kirche erhebt sich der etwa 51 Meter hohe fünfgeschossige Turm, von denen die drei unteren Geschosse mit Strebepfeilern verstärkt sind. In der Westseite des Turmes liegt der Haupteingang, dessen Portal von je zwei Rundsäulen flankiert wird. Oberhalb des Portals ist in einem Spitzbogen ein dreibahniges Fenster mit Dreipässen eingesetzt, das den Bogen über der Tür füllt. Das über dem Portal hervortretende Giebeldreieck ragt in das darüberliegende große vierbahnige Fenster hinein. In der Spitze des Giebeldreiecks steht in einer Nische eine Figur des heiligen Donatus.
Im Innern sind Mittelschiff und Seitenschiffe in jeweils sechs Joche aufgeteilt. Auf jeder Seite trennen fünf auf quadratischem Sockel ruhende Säulen mit Blattkapitellen das Mittelschiff von den Seitenschiffen. Die Kreuzrippengewölbe werden im Mittelschiff mit einem Schlussring geschlossen. Die Gewölberippen mit den Gurtbögen der jeweiligen Joche enden in einer Wandkonsole. Diese mündet auf einer Halbsäule, die vom Kapitell der Säulen ausgeht.[1]
Ein Triumphbogen bildet den Übergang vom Mittelschiff in den Chorraum. Die Mensa des Hochaltars aus grauem Naturstein ruht auf schwarzen Marmorsäulen. Der Altaraufbau ist aus Eichenholz geschnitzt. Er mündet in drei Holztürmen, deren mittlerer bis in das mittlere Chorfenster hineinreicht. Die beiden Flügeltüren des Tabernakels sind mit einer Goldauflage überzogen. Hinter diesen Türen befindet sich die in Silber getriebene mit Edelsteinen besetzte Tresortür, eine Arbeit des Metallbildhauers Jakob Riffeler. In den Seitennischen des Altaraufbaus stehen Heiligenfiguren, im mittleren Holzturm Skulpturen des heiligen Martin, des Kirchenpatrons, und der heiligen Katharina. Die Seitenwände des Chorraums sind mit einem Chorgestühl ausgestattet. Am rechten Pfeiler des Triumphbogens ruht die fünfeckig geformte Kanzel aus Eichenholz auf einer fast einen Meter hohen Säule. Auf vier von fünf Feldern, von denen das fünfte als Eingang dient, sind die Evangelisten sitzend dargestellt.
Die Gewölbe der Seitenschiffe ähneln denen des Hauptschiffes, doch sind sie wesentlich niedriger und die Gewölberippen gehen in einfache Wandkonsolen über. Die Außenwände werden von den Spitzbogenfenstern beherrscht. In der Mitte der Seitenschiffe steht an jeder Wand ein Beichtstuhl. In jedem Seitenschiff hängen sieben der 14 Kreuzwegstationen aus Terrakotta. An der Stirnseite der Seitenschiffe ist ein reich verzierter Altar aufgestellt. Auf dem Altar am linken Seitenschiff, dem Marienaltar, steht eine fast lebensgroße Maria aus Terrakotta. Der rechte Seitenaltar, der St.-Josefs-Altar, entspricht in der Form dem Marienaltar. Beide Seitenaltarsbereiche werden durch eine Hälfte der reich mit Schnitzereien versehenen Kommunionbank abgeschlossen.
Die Fenster, die bei einem Luftangriff im Zweiten Weltkrieg zersprangen, wurden in der Nachkriegszeit durch neue ersetzt. Das mittlere Chorfenster mit einem Glasgemälde „Maria und Johannes unter dem Kreuz“ aus dem Jahre 1948 ist ein Werk des Künstlers Walter Benner. Die übrigen Glasfenster für Chor und Seitenschiffe wurden nach Entwürfen des Künstlers Herb Schiffer von der Firma Oidtmann hergestellt.
Bei einer umfassenden Restaurierung in den Jahren 1981 bis 1986 wurden einige Veränderungen in der Raumaufteilung vorgenommen. Durch das Entfernen der Kommunionbank wurde der Chorraum mit Zelebrationsaltar und Ambo stärker in das Kirchenschiff einbezogen. Durch Versetzen der Orgel näher zum Turmbogen wurde auf der Empore mehr Platz geschaffen. Das romanische Taufbecken fand seinen Standort wieder in der Turmkapelle in der Nähe des Haupteingangs. Diese und andere bauliche Veränderungen blieben dem vorhandenen Baustil angepasst, so dass die Kirche immer noch als ausgezeichnetes Beispiel einer neugotischen Kirche gilt.[2]
Am 10. August 1982 wurde das Gebäude unter der Nummer 013 in die Erftstädter Denkmalliste aufgenommen. Seit dem 17. Dezember 1985 ist sie zudem ein eingetragenes Bodendenkmal.
Austattung[Bearbeiten]
Die Orgel aus dem Jahr 1896 wurde in der Bonner Werkstatt Klais gebaut und 2009 restauriert.
Die neugotische Ausstattung der Kirch mit Bänken, Chorgestühl, Hochaltar, Kanzel, Seitenaltäre, Kommunionbank, Beichtstühlen und Kreuzweg ist noch fast vollständig erhalten. Einzig die originale Bekrönung über dem Schalldeckel der Kanzel ging verloren.
Von den aus der Vorgängerkirche übernommenen Kirchenschätzen sind besonders hervorzuheben:
- rundes romanisches Taufbecken aus dem 12. Jahrhundert aus Namurer Blaustein mit Eckköpfen und Fabeltieren als Reliefs. Das Becken wird getragen von einer Rundsäule auf einer quadratischen Sockelplatte. Bei der Restaurierung 1965/1966 wurde die Sockelplatte erneuert und es wurden vier Standsäulen eingearbeitet.
- restauriertes Holzkreuz, ein Dreinagelkreuz aus der Zeit um 1300, das als Triumphkreuz im Chorraum hängt. Auf der Rückseite der Kreuzbalken ein Gemälde des Gekreuzigten um 1600.[3] Das Kreuz wird am Aschermittwoch und Karsamstag jeweils gedreht, sodass in der Fastenzeit das Gemälde des Gekreuzigten zum Kirchenschiff ausgerichtet ist. Nach dem Mittwochsgottesdienst vor Palmsonntag wird es bis Karsamstag verhüllt.
- silbervergoldete Turmmonstranz aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
- Skulptur des heiligen Martinus 17. Jahrhundert (stark restauriert und durch die Figur eines Bettlers ergänzt).
- Gemälde der "Grablegung" Christi, das einem Schüler des Malers van Dyck zugeschrieben wird.
Glocken[Bearbeiten]
Im Glockenstuhl hängen fünf Glocken. Drei von ihnen stammen aus dem 15. Jahrhundert, die beiden anderen Glocken wurden 1983 gegossen:
- Marienglocke: Wurde vom Kölner Johan Waelim Jahre 1410 gegossen. Sie ist die älteste Glocke in Erftstadt. Von 1942 bis 1947 wurde sie an die Dirmerzheimer Kirche St. Remigius ausgeliehen. Eigenschaften: 780 kg, 106 cm Durchmesser, 116 cm hoch.
- Martinus: Wurde 1451 vom Kölner Ailf von Wipperforde gegossen. Von 1942 bis 1947 wurde sie nach Hamburg ausgeliehen. Eigenschaften: 1000 kg, 118 cm Durchmesser, 114 cm hoch.
- Kleine Marienglocke: Wurde 1459 vermutlich vom Kölner Kirsgen Kloit gegossen. Eigenschaften: 180 kg, 64 cm Durchmesser, 54 cm hoch.
- Donatus: Wurde 1983 von der Firma Petit & Gebr. Edelbrock aus Gescher (Kreis Borken) gegossen. Eigenschaften: 458 kg, 87,5 cm Durchmesser.
- Johannesglocke: Wurde 1983 ebenfalls von der Firma Petit & Gebr. Edelbrock gegossen. Eigenschaften: 274 kg, 73 cm Durchmesser.
Bilder[Bearbeiten]
Weblinks[Bearbeiten]
- Artikel St. Martin (Friesheim). In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
Literatur
- Hans Josef Zinken: St. Martin in Erftstadt-Friesheim. 2000
- Dieter Hoffsümmer: Die Kirchenglocken von St. Martin in Friesheim. In: Jahrbuch der Stadt Erftstadt 2023, S. 173 (Hrsg. Stadt Erftstadt)
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Dieter Hoffsümmer: Kapitel 7.2 Friesheim Pfarrkirche St. Martin. In: Frank Bartsch, Dieter Hoffsümmer, Hanna Stommel: Denkmäler in Erftstadt. Erftstadt 1998–2000.
- ↑ Hans Josef Zinken: St. Martin in Erftstadt-Friesheim S. 5–20
- ↑ Ruben Meyer-Graft: Die Restaurierung des Friesheimer Kruzifixus. In: Denkmalpflege im Rheinland. 15. Jahrgang Nr. 3. Pulheim 1998, S. 123–126